Ab wann driftet Musik ins Lächerliche ab, und wie viel Pferdewiehern, Froschquaken und Ziegengemecker braucht es, um den Wahnsinn zu pathologisieren? Und was machen wir mit der Frage, ob wir einem genialen Arschloch überhaupt Aufmerksamkeitsressourcen schenken wollen? Ariel Pink schenkt uns ein irrwitziges Wahnsinnsdebüt und lässt uns mit einer mulmigen Ratlosigkeit zurück.
In den 80ern hätte niemand auch nur im Ansatz an einen Retro- oder Vintage-Stempel gedacht. Heute kommt Mister Ariel Rosenberg in einem so authentisch altmodischen Gewand daher, dass man ihm lieber unterstellt, absichtlich eine dicke Staubschicht über seine Songs gelegt zu haben, als ihm Hipstervokabular entgegen zu schleudern. Eine sympathische, hübsche Staubschicht mit einer Prise Glitzer liegt über "Pom Pom". Sie erinnert an Zeiten, als Retro noch kein ausgelutschter Term war. Ariel Pink vergoldet den Staub und vertont in 17 Songs das reine Vergnügen, die pure Lust an ungehemmter, schrulliger Synthiepop-Musik.
Die bezaubernde Klangästhetik der 60er/70er kennt man schon von seiner vorangegangen Arbeit mit der Band The Haunted Graffitti. Von jener hat er sich nun verabschiedet. Ob er das gleiche mit seinem Verstand getan hat, fragt man sich bei irritierenden Sounds wie dem albernen Pferdewiehern im ersten Track, dem plötzlichen Mickey-Maus-artigen Videospiel-Klangeinschub bei "Dinosaur Carebears", dem Rumgequake in "Exile On Frog Street" und bei seinem neuerlichen Misogynie-Anfall, dem Beef mit Madonna und Grimes sowieso.
Ein Sympath ist der Mann schon mal nicht. Wenn auch sein verbaler Output Brechreiz verursacht, stimmt hingegen sein musikalischer Output versöhnlich. Er besticht mit unverfrorenen Antisongs wie "Sexual Athletics" oder "Jell-o", herrlich düsteren 80-er-Jahre Postpunkanleihen in "Not Enough Violence" und extrem einfachen Texten wie bei "White Freckles", die der Verschmitztheit postmoderner Poesie huldigen. Querschläge in Surfpop und hymnischen Stadionrock, ein kleines Schmusenümmerchen hier, ein verschroben schmachtender Track da – festlegen fällt flach im Hause Pink.
Solche Extravaganzen leistet sich nur Ariel Pink, das zeichnet ihn aus und macht ihn dieser Zeit einzigartig und spannend. Kein Song möchte zum anderen passen und einen roten Faden sucht man vergebens. An die Pforten des Wahnsinns pinkelnd scheint der Musiker uns entgegen zu raunen: "Mainstream-Popschablone? Du kann mir das Arschhaar kraulen!"
© Laut