Wie kann Musik die Idee eines natürlichen Elementes wie etwa Wasser zum Ausdruck bringen? Ein gewisser Claude Debussy hatte sich schon mit dieser Frage beschäftigt, aber Alexandre Desplats Ästhetik unterscheidet sich diesbezüglich von der seines älteres Kollegen – auch wenn die Klangfarben bei Desplat, wie eben bei Debussy, einen zentralen Platz einnehmen. Für diese fantastische Erzählung von Guillermo Del Toro, die von einer Liebesgeschichte zwischen einem stummen Mädchen, Elisa (Sally Hawkins), und einer amphibischen Kreatur (Doug Jones) handelt, hat Desplat im legendären London Symphony Orchestra nicht weniger als zwölf Flöten untergebracht – Altflöten, Bassflöten, Querflöten. Die Komposition hat kaum Blechbläser vorgesehen, die Wellenbewegungen und die Flüssigkeit des Wassers werden in erster Linie von den Streichern und den Holzbläsern angedeutet. Diese Idee wird zusätzlich von delikaten Instrumenten wie Klavier, Harfe und Vibrafon betont.
Von dieser, für ein Orchester etwas ungewöhnlichen Grundstruktur ausgehend, komponiert Alexandre Desplat verschiedene Themen und Stimmungen, die darauf aufgebaut werden. Somit besteht der Vorspann aus einem Bläsersolo (das der Komponist selbst spielt), das die „Stimme“ der jungen Heldin darstellt. Das Bandoneon hingegen (welches die Kreatur charakterisiert) trägt dank seines gefühlsbetonten und sanften Charakters zum verträumten Aspekt der Bilder bei. Diese beiden Instrumente bewegen sich mit viel Charme gemeinsam vorwärts, eben wie die zwei atypischen Protagonisten und Helden des Films, die davon träumen, Hollywoodstars einer musikalischen Komödie zu sein. Denn abgesehen von dieser merkwürdigen Anforderung an die Inszenierung ist Das Flüstern des Wassers in erster Linie eine Hommage an den Kinofilm – vor allem an den klassischen amerikanischen Film. Den ganzen Soundtrack hindurch taucht immer wieder diese Art Nostalgie auf, welche vor allem durch die im Vordergrund stehenden, südamerikanischen Perkussionsinstrumente (Bongo-Trommeln, Congas…) entsteht, die an so viele Filme aus den 1950er und 1960er Jahren erinnern (man denke doch nur an Orson Welles‘ Film Im Zeichen des Bösen, den Henry Mancini vertonte).
Im Nachspann bedient sich Alexandre Desplat dem Thema des Films entsprechend, des Crossovers: die Sopranistin Renée Fleming interpretiert ein neues Arrangement von You’ll Never Know, diesem jazzartigen Klassiker aus den vierziger Jahren. Zum Schluss möchten wir noch erwähnen, dass Alexandre Desplat für Das Flüstern des Wassers seinen zweiten Oscar gewonnen hat, und das drei Jahre nach seiner Arbeit an Wes Andersons Grand Budapest Hotel. ©Nicolas Magenham/Qobuz