Die Brüder Rupert und Henry Stansall, die sich durch die Dunkelheit ihrer englischen Geburtsstadt Scunthorpe und deren Arbeitergemeinde zu kämpfen hatten, scheinen aus einer ganz anderen Zeit zu kommen. Aufgezogen wurden sie von ihrem Vater, der sich für den Rock der Rolling Stones und für die Country-Musik der Everly Brothers begeisterte, und so gaben sie ihre ersten Konzerte in der häuslichen Küche. Ihr musikalisches Gehör wurde also eindeutig in ihrer Kindheit geprägt, nach der mit einer Legierung der ersten Silben ihrer Vornamen die Ruen Brothers das Licht der Welt erblickten. Als sie ihr Publikum in den örtlichen Lokalen voller betrunkener Engländer satt haben, beschließen die Brüder, nach ihrem erfolgreichen ersten Titel, Aces, mit dem sie bei der BBC Sensation gemacht haben, nach London zu ziehen. Die Multi-Instrumentalisten und Komponisten kombinieren traditionelle Einflüsse, auf die sie mit einem neuen Blickwinkel schauen und damit den legendären Produzenten Rick Rubin auf sich aufmerksam machen. Dieser Mann greift ihnen also unter die Arme, um das Talent der Künstler mit diesem Debütalbum All My Shade of Blue zur Geltung zu bringen. Mit Henry an der akustischen Gitarre und seinem Bruder an der Elektrogitarre, der Akustikgitarre, der Harmonica und der Bassgitarre weiß er ganz genau, dass der Rock in rauen Mengen fließen wird. Der Album-Opener Walk Like a Man beginnt ganz subtil mit diesem Heulen wilder Hunde, die ziemlich schnell vom ausgelassenen Rhythmus einer E-Gitarre verjagt werden. Ganz sicher geht von diesem Duo eine überschwängliche Energie aus. Die Ruen Brothers fühlen sich aber genauso wohl, wenn es darum geht, gefühlsstarke Balladen wie All My Shade of Blue zu interpretieren, wie wenn sie Hank Cochrans wunderbares Make The World Go Away covern. In ihren Kompositionen gibt es keine Tricks, abgesehen vom Öl, das der Produzent ins Feuer gießt. Auf dem Album sind nämlich andere bekannte Namen zu finden, wie der Schlagzeuger Chad Smith von den Red Hot Chili Peppers, der Bassist Dave Keuning von The Killers und der Keyboarder Ian McLagan von den Small Faces. Die beiden Jungs haben großes Glück, bei diesem Debütalbum mit überaus erfahrenen Musikern zusammenarbeiten zu können. In ihrem Titel Vendetta besingen diese hervorragenden Songwriter die Traurigkeit, den Hass und die aus Schicksalsschlägen gewonnene Energie, aber auch ihren Ehrgeiz, wie in An Evening Dreaming. Ein Debütalbum, das uns auf eine Reise durch das England der Stones mitnimmt und auf der Route 66 hinunter bis in die texanischen Bars zum Meditieren einlädt. Rick Rubin hatte schon einen ersten Projektentwurf gemacht, bei dem er sich fragte, wie ein Album klingt, würde man Roy Orbison und die Everly Brothers miteinander kombinieren und die Produktion Spector überlassen. Antwort: All My Shades of Blue. © Clara Bismuth/Qobuz