Bei der Einweihung des Pierre Boulez Saals in Berlin im März 2017, nicht ganz ein Jahr nach dem Tode des Komponisten, wurde eine seiner letzten Kreationen aufgezeichnet: Sur Incises, das er 1998 als eine Art Kommentar zu seinem Werk Incises für Solo-Klavier verfasst hat. Sur Incises ist für drei Klaviere, drei Harfen und drei Schlagzeuger geschrieben. Die letzteren teilen sich eine große Zahl Instrumente definierter Tonhöhe: Vibraphon, Marimba, Glockenspiel, Steel Pans aus Jamaica, Röhrenglocken und Crotales. Man kann den starken Einfluss von Bartók, insbesondere seiner Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, nicht übersehen, auch wenn Boulez keine Streichinstrumente verwendet; außerdem wurde Sur Incises ebenfalls Paul Sacher gewidmet, wenn auch sechzig Jahre später! Dass es sich hier um eine Live-Aufzeichnung aus dem Konzert handelt, beweisen einiges Hüsteln und andere Nebengeräusche, die bestimmt nicht alle in der Partitur stehen; das Ganze unter der Leitung von Barenboim, der selbst einen der Klavierparts spielt. Boulez ist es gelungen, mit seinem eklektischen Sound eine Art neuen Klangkörper zu schaffen, der sich bewegt und im Raum verteilt und der zwischen träumerischen und anderen, entschiedeneren, dynamischen Momenten abwechselt, wie ein perfekt organisiertes Delirium. Das gefällt natürlich nicht jedem, aber man kann feststellen, dass sich Boulez von einer Partitur zur anderen ständig neu definiert. © Marc Trautmann/Qobuz