Diese Reise „mit Sieben-Meilen-Stiefeln“ des Armida Quartetts durch das Reich der Fuge beginnt mit den beiden frühesten gedruckten deutschen Werken für Instrumental-Ensemble aus dem Jahr 1602 des Komponisten Valentin Haussmann (1560-1614). Haussmanns Fugae sind „für allerhand Instrumente“, also frei von jeglicher Violin-Idiomatik, die sich ohnehin erst im Laufe des 17. Jahrhunderts herausbilden sollte. Alessandro Scarlatti hat vier mit expressis verbis senza Cembalo bezeichnete Sonaten geschrieben, die bisweilen als „erste Streichquartette“ zitiert wurden. Die bewegteren Sätze sind komplexe kontrapunktische Gebilde, die Mittelsätze dagegen verwinkelte und verschlungene Harmonie-Mäander von großem Interesse. Johann Sebastian Bachs letzter, Kunst der Fuge genannter, aber unvollendet gebliebener Zyklus ist natürlich das Summum Opus einer 500-jährigen Tradition, wie auch seiner eigenen Lebensleistung. Zweifellos wurde der Zyklus für Tasten-Instrumente bestimmt, wurde aber bereits im 18. Jahrhundert auf Streich-Instrumenten dargeboten. Dies ist ohne jeglichen Substanz-Verlust möglich, denn anders als in den Fugen seiner Konzerte und Sonaten verzichtet Bach auf jegliche instrument-gebundene Idiomatik. Die Quartett-Sonate des Bach-Schülers Goldberg ist ein Musterbeispiel der ungebrochenen Lebenskraft der spätbarocken Fugen-Kunst kurz vor ihrer Entzauberung: ein Feuerwerk des Geistes und der Finger. Mozarts sehr komplexe c-moll Fuge war ab ovo ein Gelegenheits-Werk für zwei Klaviere aus dem Jahr 1783, das er 1788 für die Drucklegung einer Quartett-Fassung im Verlag Hoffmeister mit einer Adagio-Einleitung versah. Und bezüglich der 1826 entstandenen Großen Fuge von Beethoven, die ursprünglich das Finale des Streichquartetts Nr. 13 werden sollte, aber aufgrund der Neuartigkeit seiner die aufführenden Musiker überfordernden Tonsprache durch ein konventionelles Finale ersetzt wurde, schrieb ein Kritiker – als das Finale noch die Fuge war – : „Den Sinn des fugierten Finales wagt Ref. nicht zu deuten: für ihn war es unverständlich, wie Chinesisch…Wäre vielleicht so manches nicht hingeschrieben worden, könnte der Meister seine eigenen Schöpfungen auch hören. Doch wollen wir damit nicht voreilig urteilen: vielleicht kommt noch die Zeit, wo das, was uns beym ersten Blicke trüb und verworren erschien, klar und in wohlgefälligen Formen erkannt wird.“ Wo er sich auch nicht ganz irrte, obwohl das Stück noch heutzutage als sehr kompliziert angesehen wird. Der erste Preis des Internationalen ARD Wettbewerbs 2012 (und des Publikums- wie auch weiterer sechs Spezialpreise) katapultierte das 2006 in Berlin gegründete Armida Quartett blitzschnell in das internationale Konzertleben. Zwischen 2014 und 2016 war das Quartett Mitglied des Londoner BBC New Generations Artists’s Scheme, das ihm zahlreiche Konzerte bei den verschiedenen BBC Stationen in Großbritannien wie auch das Debüt bei den Prom’s ermöglichte. Hamburgs Elbphilharmonie nominierte das Quartett für die Rising Stars-Serie in der Saison 2016/2017 des European Concert Hall Organisation.