Der Opener auf Joys And Sollitudes, Yonathan Avishais erster Platte beim Label ECM, ist Mood Indifo. Der französisch-israelische Pianist, der sich zusammen mit dem Kontrabassisten Omer Avital und dem Trompeter Avishai Cohen einen Namen gemacht hat, wollte wohl in Erinnerung rufen, woher er kommt, als er Ellingtons Meisterwerk als Motto voranstellte. Dieser kluge Musiker ist einer gewissen Tradition von Pianisten zuzuschreiben, die nicht der üblichen Kombination Bill Evans/Keith Jarrett angehören, die auf die Kollegen seiner Generation so großen Einfluss ausüben. Yonathan Avishai wandelt nicht nur auf den Spuren des Duke, sondern auch auf denen eines John Lewis, Ahmad Jamal und Bobby Timmons, ohne je das Spiel dieser wichtigen Vorfahren zu kopieren. „Ellington ist nach wie vor ein unglaublich moderner Pianist und Komponist. Seine Art, beim Spielen immer eine Geschichte zu erzählen, hat auf mich einen starken Einfluss ausgeübt und Mood Indigo ist ein Stück, das mich seit langem schon begeistert“.
Mit seiner immer schon recht einsatzbereiten Rhythmussektion (der aus Israel kommende, in Paris lebende Kontrabassist Yoni Zelnik, und der französische Schlagzeuger Donald Kontomanou, der auf ein doppeltes Erbe stolz sein kann: Guinea und Griechenland) beweist Avishai ein weiteres Mal, welch bedeutender Komponist er auch ist. Sieben Eigenkompositionen mit schlichten Melodien ohne irgendetwas Überflüssiges, voller Blues und Swing, aber auch mit stillen Momenten und entsprechendem Raumgefühl… „Ich fühle mich zutiefst in der Tradition verwurzelt. Ich bin vor allem von der Geschichte begeistert und den Perspektiven, die sie bietet, wenn man sich mit ihr befasst. Ich interessiere mich in erster Linie für die Geschichte des Jazz — das reicht von Louis Armstrong bis Cecil Taylor und noch darüber hinaus.“ Es geht wirklich darüber hinaus: mit Les Pianos de Brazzaville erzählt Yonathan Avishai von seinen Reisen in die Demokratische Republik Kongo und in die Zentralafrikanische Republik. Mit dem Thema Tango liefert eine spielerische Antwort auf Dino Saluzzis und Anja Lechners Album, Ojos Negros. Was When Things Fall Apart betrifft, so übernahm er den Buchtitel der amerikanischen Buddhistin Pema Chödrön, aber er orientierte sich an Avishai Cohens Musik, geradeso, als würde er auf die Komposition des Trompeters reagieren, auf Into The Silence. Resultat ist, dass diese ganze Materie Stoff für ein recht anmutiges Album geboten hat und damit erst recht die Überzeugung untermauert, dass Yonathan Avishai ein ganz großer zeitgenössischer Jazzkomponist ist. © Marc Zisman/Qobuz