Einen weißen Fleck stellt die an russischen Höfen des ausgehenden 18. Jahrhunderts gespielte Musik dar. Erstklassige Solisten, die in den privaten Orchestern des Adels engagiert waren, belegen das hohe Niveau, das diese verschollene Musikkultur einst auszeichnete. Einige erhaltene Inventare dokumentieren den einst vorhandenen Werkbestand – und alles, was in den nachfolgenden 200 Jahren durch Brände und Revolutionen verloren gegangen ist. Das die bewegten Zeiten überlebende Erbe blieb dann nochmals lange in der Sowjetzeit ideologisch verbannt im Dunkeln liegen.
Heute bedarf es intensiver Recherchen in Archiven und Bibliotheken, um einige der Schätze zu bergen. Die für diese Produktion mit Kammermusik deutscher Komponisten in Moskau und Sankt Petersburg ausgewählten Werke stammen aus der Zeit zwischen 1770 und 1799 und stehen damit stilistisch auf der Grenze zwischen der Vorklassik und Wiener Klassik.
So unbekannt die Komponisten, so peripher sind die Ausgrabungen allerdings keineswegs. Denn die Werke sind ausnahmslos hervorragend gearbeitet – mal mehr galant (Sebastian George), mal mehr kontrapunktisch (Johann Joseph Kerzelli), teils hochvirtuos (Johann Heinrich Facius). Von ungemeinem Reiz sind allem voran die beiden Quintette für zwei Flöten, zwei Violinen und Violoncello (1770) von Sebastian George (1740-1796), eine für die Zeit typische, heute allerdings aufführungspraktisch äußerst rare Besetzung. Doch nicht nur programmatisch überzeugt dieses Album. Das Ensemble Altera Pars zeigt sich geradezu musikantisch von seiner besten Seite mit engagierten, höchst lebendigen Interpretationen. So verständig gespielt ist dieses Repertoire fraglos ein Gewinn. Sehr empfehlenswert!
© Kube, Michael / www.fonoforum.de