Die Sopranistin Regula Mühlemann, die für ihr Mozart-Rezital mit einem Qobuzissime ausgezeichnet wurde, setzt ihre Karriere bei Sony mit einem Album fort, das einem höchst romantischen Thema gewidmet ist. Lieder der Heimat ist ein anspruchsvolles Musikprogramm, das Meisterwerke (Schubert, Liszt), unerwartete Raritäten (Rossini) und Schätze (Baumgartner, Frey und die sehr französische Marguerite Roesgen-Championin) um ein typisch deutsches Konzept vereint. Der Begriff Heimat bringt das Gefühl zum Ausdruck, das Menschen mit einem Ort verbinden, und lässt oft die Landschaften der Kindheit vor dem inneren Auge auftauchen. Das Lied ist der bevorzugte Ort für den Ausdruck von Gefühlen und die damit verbundenen Atmosphäre. Schubert hat es zu einer Kunstform gemacht, deren natürliche und direkt zum Herzen sprechende Poesie die melodische und harmonische Raffinesse ihrer Struktur vergessen lässt.
Das Album beginnt übrigens mit den Klängen eines typischen Hirteninstruments, der Klarinette, hier von Daniel Ottensamer gespielt. Ihre samtigen, warmen Töne leiten zu Regula Mühlemanns Einsatz über. Das Programm entfaltet sich wie von allein, denn ihre warme und klare Stimme passt zu diesem Repertoire - sei es auf Deutsch, Französisch, Italienisch oder Alemannisch. Wir werden dennoch durch die Klänge des alten Guggisberglieds aus unseren Träumereien geweckt. Die Sängerin modelliert ihr Timbre und verleiht ihm durch flexible Klangveränderungen und fast ohne Vibrato eine besondere Farbe. Eine a capella-Passage, zunächst einstimmig, dann kommen eine zweite und dritte Stimme dazu - leider gibt uns das Booklet keine Auskunft über die anderen Sängerinnen. Wie dem auch sei, Regula Mühlemann und die Pianistin Tatiana Korsunskaya bilden ein perfektes Duo. Letztere bietet auch ein Solo mit einem wogenden Stück aus Liszts Années de pèlerinage: Au Lac de Wallenstadt. Nachdem Konstantin Timokhine mit dem alpinen Klang des Naturhorns Schuberts Rückkehr von der Wanderung ankündigt (Auf dem Strom, D. 943), schließt das Album mit zwei opernhaften Stücken. Auf Schuberts Pastorella al prato folgt ganz selbstverständlich die genussreiche Pastorella dell'Alpi aus den Soirées musicales von Rossini. Der Komponist von Guillaume Tell (noch einmal die Schweiz!) verleiht dieser Aufnahme einen leichten Abschluss. Regula Mühlemann ist unglaublich - ihr steht aber auch einfach jedes Kostüm! © Elsa Siffert/Qobuz